Powermeter - Fluch und Segen?

Der Powermeter misst deine erbrachte Leistung auf dem Fahrrad und zeigt sie dir in Watt an. Ähnlich wie der Stromzähler in deiner Wohnung. Mit dem Drücken auf den Lichtschalter setzt du Leistung frei, die dir auf dem Stromzähler direkt angezeigt wird. Das ist erstmal ein rein physikalischer Prozess, der mit dem Training an sich nichts zu tun hat.

Was zeigt mir der Powermeter an / die Grundlagen

Der Powermeter wird immer mit einem Radcomputer (Headunit) oder einer Uhr verbunden und zeigt dir dann unterschiedliche Daten an. Messen kann der Powermeter immer nur die aktuelle Leistung. Alle anderen Daten werden dann berechnet. Da die Leistung immer das Produkt aus Kraft mal Weg ist (W=FxS, Physik 8. Klasse, lang ists her) sind die Berechnungen keine Näherungswerte, sondern Fakten.

Die reine Leistung oder Arbeit wird in der Physik immer in Joule (J) oder in NewtonMeter (nM) angegeben. Watt ist die Energieeinheit in Abhängigkeit der Zeit, das bedeutet 1 Watt entspricht 1 Joule pro Sekunde.
1000 Joule sind 1kJ, diese Einheit kommt dir vielleicht bekannt vor, wenn du im Kühlschrank mal auf die Nährwertangaben deiner Lebensmittel schaust, diese werden häufig in Kilo Joule (kJ) oder Kilo Kalorien (kcal) angegeben. Eine Kalorie entsprechen 4,18 Joule.

Da nun dein Powermeter die ganze Einheit lang, jede Sekunde Daten sammelt und aufzeichnet kann dir der Powermeter am Ende der Einheit deinen Energieverbrauch in kJ genau (!) mitteilen. Es werden keine Näherungswerte von Datenbanken in Abhängigkeit von Puls, Geschlecht und Alter ermittelt.
Die zwei großen Vorteile des Powermeters sind also die aktuelle Anzeige der Leistung und das sichtbar Machen des Energieverbrauchs

Was bringt mir die aktuelle Leistung im Trainingsalltag?
Deine erbrachte Leistung ist absolut. Das bedeutet 1 Watt ist immer 1 Watt. Egal ob du 4 Espressi getrunken oder gut geschlafen hast. Die Herzfrequenz ist dagegen relativ, sie verändert sich in Abhängigkeit deiner Lebensumstände. Der Test ist einfach: Messe deine Herzfrequenz im Sitzen auf dem Sofa und notiere den Wert. Trinke dann 4 Espressi, warte ca. 15 Minuten und setzte dich wieder auf das Sofa. Messe deine Herzfrequenz und vergleiche den Wert mit dem vor den Espressi. Deine Leistung ist exakt die gleiche, nämlich du sitzt auf dem Sofa. Deine Herzfrequenz hat sich mit Sicherheit verändert. Falls nicht, lass uns mal über deinen Kaffeekonsum reden 😉
Auf das Training bezogen bedeutet das eine viel, viel genauere Intensitätssteuerung.

Der Unterschied zwischen „ich gehe Rad fahren“ und „Training auf dem Rad.“
Stelle dir folgendes vor: auf deinem Trainingsplan steht die Einheit „Rad, 2h GA1“. Nun gibt es mehrere Varianten, wie du die 2h erledigen kannst.

Variante 1: du aktivierst GPS und hältst dich genau an deine Tempobereiche für GA1, fährst 2h und kommst wieder heim.
Variante 2: du aktivierst deine Herzfrequenzsensoren und hältst dich genau an deine Pulszone für GA1, fährst 2h und kommst wieder heim.
Variante 3: du aktivierst deinen Powermeter und hältst dich genau an die Vorgaben der Wattwerte in deine GA1, Zone 2, LIT, … Bereich.

Am Ende überspielst du deine Daten auf TrainingPeaks und in der Analyse zeigt sich ein komplett unterschiedliches Bild. Wir nehmen an, dass alle drei Varianten, alle Daten (Geschwindigkeit, Puls und Watt) aufgezeichnet haben. Wenn du es schaffst anhand deiner Geschwindigkeit den richtigen Intensitätsbereich zu treffen, wohnst du nicht auf der Alb. Es gibt keine Berge und auch keinen Wind, keinen Verkehr und auch keine Kurven … ich tippe mal, dass du 15 Prozent der Trainingszeit in dem gewünschten Intensitätsbereich verbracht hast.
Bei der Herzfrequenz schaffst du es vielleicht auf 50–60 Prozent. Am Anfang ist der Puls immer tiefer als am Ende. Bergauf ist er hoch und Bergab dauert es eine Zeit, bis er wieder fällt.

Als ungeübter Powermeter Nutzer kommst du immer auf 60 Prozent in der Zielleistung. Das bedeutet aber immer noch 40 % des Trainings war, hart gesagt, umsonst. Mit ein wenig Übung schaffst du es auf 90 % in der Zielleistung.
Natürlich wird es immer Phasen im Training geben, bei denen du deine Vorgaben nicht erfüllen kannst: Ampeln, Kurven, Bergab, … Aber mehr als 15 % außerhalb der Intensitätszone sollten es nicht sein.

Powermeter ohne Leistungsdiagnostik

Das ist absoluter Quatsch! Dann nimm die 1000 € die das Ding kostet und geh 20 Mal mit deiner Frau zum Essen. Davon habt ihr beide mehr! Wenn du nicht weißt, bei welcher Leistung du was trainierst hast du nur eine weitere bunte Kurve in deinem Trainingstagebuch.

Sklave der Daten?

Eine Trainingseinheit hat immer ein übergeordnetes Ziel. Das kann sein, möglichst viel Zeit in einer Intensitätszone zu verbringen, um bestimmte Funktionen zu verbessern. Oft hat Training aber auch eine soziale Komponente. Wenn du also mit deinen 4 Kumpels Rad fahren gehst, sei bitte nicht der Arsch, der sich nur beschwert, dass deine Werte zu tief sind und alle zu langsam sind. Ein Intensitätsbereich ist ein Bereich. Das geht von z. B. von 150 bis 200 Watt, also Spielraum genug sich anzupassen.